Mittwoch, 23. August 2017
Die Zivilprozessordnung ...
... ist in schönstem Juristenlatein formuliert und enthält unzählige Fallstricke, mit denen Juristen Nichtjuristen wie Sie und mich aufs Kreuz legen können. Mit der Zivilprozessordnung lassen sich die unsinnigsten Urteile und Beschlüsse begründen. Und was die ZPO nicht hergibt, finden Juristen in dicken Wälzern mit juristischen Kommentaren, die jedem Nichtjuristen das sprichwörtliche Buch mit sieben Siegeln sind.

Laut ZPO gilt im Zivilprozess der Beibringungsgrundsatz; d.h. der Richter darf bei seiner Entscheidungsfindung nur berücksichtigen, was die Parteien bzw. deren Bevollmächtigte vortragen. Damit ist derjenige im Vorteil, der eine Klage einreicht, denn sein Anwalt darf in der Klageschrift alles behaupten, was er für das Recht seines Mandanten hält und sei es noch so weit hergeholt. Die Klageschrift geht bei der Gerichtsgeschäftsstelle ein und wird nach Verteilungsplan innerhalb des Gerichts weiter geleitet. Der Verteilungsplan soll verhindern, dass man sich einen Richter aussuchen kann. Denn auch unter Richtern gibt es solche und solche. Ein gewiefter Anwalt wird natürlich Mittel und Wege finden, um an einen Richter zu geraten, mit dem er gut kann und womöglich sogar Golf spielt. Sowie der Gerichtskostenvorschuss einbezahlt ist, wird die Klageschrift dem Beklagten zugestellt. Mit dem vom Postboten protokollierten Zustellungsdatum beginnt die Frist von zwei Wochen, innerhalb derer der Adressat auf die Klage reagieren kann. Er soll nicht nur seine Verteidigungsbereitschaft anzeigen, sondern nach Möglichkeit auch einen Anwalt benennen, der die Vertretung übernimmt und sich statt seiner an das Gericht wendet. Mit seinem ersten Schreiben wird der Beklagtenanwalt in der Regel lediglich die Mandatsübernahme bekannt geben und um Fristverlängerung für die Klageerwiderung bitten, die meistens anstandslos bis zu zwei, vier oder gar sechs Wochen gewährt wird. Ist die Klageerwiderung nach Ablauf dieser Frist eingegangen, wird sie dem Klägeranwalt zugestellt, dem wiederum eine zweiwöchige Frist zur Schriftsatzerwiderung eingeräumt wird. Dann gehen die Schriftsätze hin und her und das dauert natürlich.

Wenn Sie Glück haben, weiß Ihr Anwalt, worauf es ankommt, und schreibt nicht lange um den heißen Brei herum. Wenn Sie Pech haben, ziehen Ihr Anwalt und sein Kollege das schriftliche Vorverfahren endlos in die Länge, denn jeder zusätzliche Schriftsatz schlägt als Honorar zu Buche. Und wenn Sie großes Pech haben, ist Ihr Anwalt von der der Firma Besserwisser und will verfahrensentscheidende Fakten weder von Ihnen hören noch bei Gericht vortragen. Wenn Sie hartnäckig bleiben und ihn bedrängen, schmeißt er Ihnen irgendwann das Mandat vor die Füße, weil Sie angeblich beratungsresistent sind. Wenn Sie sich in Ihr Schicksal fügen und ihn machen lassen, damit Sie nicht ohne Anwalt dastehen, müssen Sie gewärtig sein, dass der Richter Fakten, die das Verfahren zu Ihren Gunsten wenden würden, nicht erfährt und sein Urteil auf das stützen muss, was der Gegneranwalt behauptet. Seit dem widerrechtlichen Betreuungsverfahren um die Mutti habe ich diese Erfahrung nicht nur einmal gemacht.

Seitdem frage ich mich, wie Richter unabhängig urteilen sollen, wenn sie nur einseitig informiert sind oder sich gar mit den Prozessbevollmächtigten gegen Sie verschworen haben. Das kommt in unserem Rechtsstaat vermutlich öfter vor, als man denkt. Es waren Richter und Rechtsanwälte, die in unerlaubter Zusammenarbeit die unzulässige Fremdbetreuung der Mutti bis hinauf zum BGH rechtskräftig werden ließen, und es war ein Rechtspfleger, der die Betreuerin von Schlussrechnungslegung befreite. Einem Anwalt, der Sie im Regen stehen lässt, können Sie nichts anhaben, denn man wird Ihnen nicht helfen, wenn Sie sich bei der Rechtsanwaltskammer beschweren. Die Leute dort sind schließlich auch Juristen. Einem Richter können Sie noch viel weniger anhaben. Damit sind wir wieder beim Thema, dem ausgeprägten Korpsgeist unter Juristen.


Bis zum nächsten Mal
Ihre Frau Biedermann

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