Dienstag, 22. August 2017
Die mündliche Verhandlung im vierten Klaghaferlverfahren ...
... hätte eigentlich nicht stattfinden dürfen, denn Anfang des Jahres 2016 hatte das Gerichts selbst vorgeschlagen, die Angelegenheit vom Streit- auf einen Güterichter zu übertragen. Das Güterichterverfahren läuft nicht nicht so streng formalisiert ab wie beim Streitrichter. Ich erklärte nicht nur mein Einverständnis, sondern auch meine Bereitschaft, gegen eine angemessene Abfindung aus der Erbengemeinschaft zu scheiden. Diese als Abschichtung bezeichnete Möglichkeit zur Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft ist vom BGH anerkannt und völlig legitim. Die Klaghaferlanwälte wollten davon nichts wissen und deshalb verblieb das Verfahren beim Streitrichter. Die mündliche Verhandlung fand am 21.06.2016 statt.

Ein bedeutender Staatsmann hat einmal gesagt: "Wenn ein Jurist den Raum betritt, muss es um einige Grade kälter werden." Genau das war zu spüren, als der Richter in den Saal kam. Er schien zwar kaum über das Schulbubenalter hinaus zu sein, verbreitete aber sofort eine eisige Atmosphäre um sich, obwohl er kaum den Mund aufmachte. Das große Wort führte der Anwalt meines Bruders, der sichtlich in seinem Element war, und der Schulbubenrichter ließ ihn gewähren. Mein Notanwalt war nur als Staffage da. Nachlassverzeichnis? Kann die Beklagte als Miterbin nicht verlangen! Das ist in der Regel richtig, aber es gibt Ausnahmen. Diese Ausnahmen waren gegeben und interessierten niemanden. Pflegeleistungen? Kann die Beklagte nicht beziffern! Das war eindeutig gelogen, denn meine Pflegeleistungen an der Mutti waren bereits in einem früheren Verfahren genannt worden. Aber auch das interessierte niemanden. Nachlassunterschlagung? Kann die Beklagte niemals beweisen! Das konnte ich bis zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht, weil noch jeder meiner zahlreichen Anwälte eine entsprechende Auskunftsklage verweigert hatte. Doch jetzt schlug mir die Gunst der Stunde.

Als der wieder einmal in der Luft liegende Vergleich auf Basis der unvollständigen Vermögensaufstellung aus dem Betreuungsverfahren mit Händen zu greifen war, gab ich meine Verteidigungsversuche, denen der Schulbubenrichter ohnehin keine Beachtung schenkte, auf und verlangte stattdessen den Erbschaftsteuerbescheid. Der Vertreter der Klaghaferlanwälte, der meinem Bruder diesmal zur Seite stand und strahlend vor Siegessicherheit in den Saal gerauscht war, wandte sogleich ein, es gäbe keinen Erbschaftsteuerbescheid, weil der Nachlass die Freibetragsgrenzen nicht überschreite. Darauf konterte ich, dass es einen Bescheid geben müsse, weil allein das Vorausvermächtnis zugunsten seines Mandanten im Wert von 715.000,00 € den Freibetrag von 400.000,00 € übersteigt, der meinem Bruder als Abkömmling erster Ordnung zusteht. Das konnte nicht einmal der Schulbubenrichter leugnen, obwohl dessen Unterstützung für den Klaghaferlanwalt unübersehbar war. Die Verhandlung wurde vertagt.

Mit Schriftsatz vom 24.06.2016 reichte der Klaghaferlanwalt einen Erbschaftsteuerbescheid aus dem Jahr 2014 ein, der auf den ersten Blick zu bestätigen schien, dass der Nachlass der Mutti wirklich nicht mehr umfasste als die Positionen der Vermögensaufstellung aus dem Betreuungsverfahren. Auf den zweiten Blick offenbarte er die Existenz eines Erbschaftsteuerbescheides aus dem Jahr 2012 mit einer abweichenden Steuernummer, was mir als ehemaliger Steuergehilfin nicht verborgen blieb. Zwei Steuernummern und zwei Miterben. Der Bescheid aus dem Jahr 2014, den der Klaghaferlanwalt eingereicht hatte, war auf meinen Bruder und Miterben ausgestellt. Dann musste der Bescheid aus dem Jahr 2012 mit der abweichenden Steuernummer für mich bestimmt sein. Der Notanwalt, dessen Unterstützung für den Gegner ebenfalls unübersehbar war, machte mit Schriftsatzerwiderung vom 08.09.2016 noch darauf aufmerksam, aber der Schulbubenrichter berücksichtigte die beiden Bescheide nicht mehr und bewilligte mit Endurteil vom 30.09.2016 eine Teilauseinandersetzung des Nachlasses, die nur unter sehr engen und hier nicht gegebenen Voraussetzungen zulässig ist. Eine weitere Verhandlung hatte nicht mehr stattgefunden.Das Urteil wurde rechtskräftig, aber damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende.


Bis zum nächsten Mal
Ihre Frau Biedermann

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