Dienstag, 15. August 2017
Mein erster Anwalt ...
... verfügte über eine prachtvolle preußische Schnodderschnauze und war nicht nur Gesellschafter einer bekannten Regensburger Anwaltssozietät, sondern auch ein rühriger Regensburger Kommunalpolitiker. Nachdem er der Beihilfe in der S&K-Betrugsaffäre beschuldigt wurde, legte er 2013 sein Stadtratsmandat nieder und kehrte Regensburg den Rücken. Aus der Anwaltssozietät war er schon vorher ausgestiegen. Die S&K-Betrüger wurden 2016 zu Haftstrafen verurteilt, befinden sich aber momentan noch auf freiem Fuß. Für die blauäugigen Anleger, die sie um ihr Geld erleichtert haben, gilt: Außer Spesen nichts gewesen.

Nicht anders erging es mir mit dem juristischen Berater der Betrüger. Als ich dem smarten Anwalt mit der beeindruckenden beruflichen Vita und dem nicht minder beeindruckenden politischen Eifer 2009 das Mandat im Betreuungsverfahren um die Mutti erteilte, ahnte ich natürlich nicht, dass er einen dickeren Fisch an der Angel und weder Zeit noch Interesse für mich hatte. Zunächst zeigte er sich vorschriftsmäßig als mein juristischer Vertreter beim Betreuungssgericht an und legte fristgerecht Beschwerde gegen den Fremdbetreuungsbeschluss vom 09.04.2009 ein. Die angekündigte Begründung reichte er nicht mehr nach. Das war im Grunde auch nicht nötig, denn der Betreuungsrichter unterlag der Amtsermittlungspflicht und hätte von sich aus feststellen müssen, ob die absurden Anschuldigungen zutrafen, die die Lügenanwälte meines Bruders mit so viel Belastungseifer gegen mich erhoben. Ferner hatte der Richter zwingend die auf mich ausgestellte Vorsorgevollmacht zu berücksichtigen sowie den nicht zu unterschätzenden Umstand, dass die Mutti bei mir wohnte und zwar in einem Haus, das meinem Mann und mir gehört.

Um den eklatanten Rechtsbruch zu verstehen, muss man wissen, dass mein Bruder seit Jahrzehnten mit einem Mann eng befreundet ist, der 2008 Freisinger Landrat wurde und damit der Dienstherr des Sachbearbeiters des Betreuungsamts, der mich aktenkundig der Vorliebe für Messerstechereien bezichtigte. Und seine Winkeladvoakten, die so viel Wohlwollen vom Betreuungsrichter erfuhren, sind mit einem CSU-Landtagsabgeordneten befreundet, der zu Horst Seehofers Hoffnungsträgern zählt und als zukünftiger bayerischer Justizminister gehandelt wird. Daher braucht man nicht übermäßig erstaunt zu sein, dass die widerrechtlich angeordnete Fremdbetreuung der Mutti über das Landgericht Landgericht Landshut und das Oberlandesgericht München bis hinauf zum Bundesgerichtshof für rechtskräftig erklärt wurde.

Am 08.04.2010 ist die Mutti gestorben. Mit Aktenvermerk vom 12.04.2010 erließ das Betreuungsgericht der widerrechtlich eingesetzten Betreuerin die Schlussrechnungslegung. Die Schlussrechnung geht nach dem Tod des Betreuten nahtlos in ein Nachlassverzeichnis über. Wo keine Schlussrechung ist, gibt es natürlich auch kein Nachlassverzeichnis. Am 10.06.2010 fand beim Nachlassgericht der Erbenfeststellungstermin statt, wo wegen des bereits erwähnten sehr werthaltigen Vorausvermächtnisses zugunsten des Sohnes der Erblasserin meine Ausschlagung erkennbar erwartet wurde. In der Regel wirkt sich das nicht nachteilig aus, weil der Ausschlagende aufgrund des so genannten Pflichtteilsergänzungsanspruchs finanziell nicht schlechter gestellt ist. Um den Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen zu können, muss man allerdings wissen, wie hoch der Pflichtteil ist, und um die Höhe des Pflichtteils auszurechnen, muss man wissen, wie hoch der Nachlass ist.

Abgesehen davon, dass ich nicht wusste, wie hoch der Nachlass meiner Mutter war, hätte ich nach meinen Erfahrungen mit dem Betreuungsverfahren nicht einmal unter Androhung von Folter ausgeschlagen. Das Betreuungsgericht konnte mir den Betreuerausweis verweigern, aber das Nachlassgericht nicht den Erbschein und mit dem Erbschein konnte mir das Betreuungsgericht die Einsicht in die Betreuungsakten nicht mehr verweigern. Das ist Juristenidiotie in Vollendung. Aber es kommt noch besser.


Bis zum nächsten Mal
Ihre Frau Biedermann

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